„Die Summe des Ganzen ist mehr als die Summe seiner Teile.“ – Schon mal gehört? Das klingt so prosaisch und modern, fast wie ein Automatismus. Nein, nein, höre ich die Personalentwickler schon ihren Finger heben (Kann man das eigentlich hören, wenn jemand seinen Finger hebt?), da müsse man ja auch noch mit Teamentwicklung ran. Also, man nehme eine Gruppe Menschen, stecke sie in ein Teamentwicklungsseminar und heraus kommt ein „Team“, der lebende Beweis unseres Zitates. Mag sein, dass gute gemachte Teamentwicklung solche Ergebnisse liefert.
Vergessen sollten wir jedoch nicht, dass unsere Mühen zuweilen vergeblich sind oder der Gegner mitspielt. Dazu drei Beispiele:
Da ist zum einen die Fussballmannschaft, gut ausgewählt per Scouting-System, teuer eingekauft und von einem multifunktionellen Trainerteam bestens vorbereitet. Zuweilen – für Nicht-Fußballinteressierten: das kommt tatsächlich nicht selten vor – verliert dieses Team gegen ein „schwächeres“ Team. Das lässt sich übrigens leicht nachvollziehen durch die Gegenüberstellung von Marktwert der Bundesligamannschaften und den Spielergebnissen vom letzten Wochenende.
Zweites Beispiel: Das Help Desk Team eines großes IT-Dienstleisters funktioniert prächtig. Nie hatten sie eine Teamentwicklungsmaßnahme genossen. Möglicherweise liegt das daran, dass die Leute absolut aufeinander angewiesen sind und aus dieser Einsicht heraus, sich selbstorginisiert zusammen raufen.
Drittes Beispiel: In einem Unternehmen ist eine Informationsveranstaltung für 100 Mitarbeiter zu organisieren. Die Vorbereitungsgruppe braucht dafür aus Sicht des Beobachters unendlich lange. Endlos-zähe Diskussionen, wieder auflebende alte Rangkämpfe, uneffektive Meinungsbildung, unklare Absprachen, unkonkrete Ziele… das ganze Programm. Als Moderator hinzu gezogen, hätte ich am liebsten die Gruppe verkleinert, um schneller voranzukommen. Die Gruppenleistung war offensichtlich nur ein Bruchteil der Summe Leistungen der einzelnen Gruppenmitglieder. Gegenseitige Behinderung statt Synergie ist hier wohl die treffende Betitelung.
Was ist die Moral? Vorsicht mit der inflationären Verwendung von Weisheiten. Allzu schnell erweisen sie sich als irreführende Worthülsen, als nur die halbe Wahrheit.