Oder: Was passiert, wenn sich Problemerkundung und Lösungssuche vermischen.

Kürzlich erlebte ich eine Besprechung, bei der eine Entscheidung zu einem kniffligen Fall zu treffen war. In der Runde saßen mehr als 10 Leute. Der Fall hatte schon eine Geschichte; Konflikte und Verletzungen inklusive. Der Diskussionsleiter eröffnete. Einige Wortmeldungen  thematisierten Vergangenes („Wie konnte es sein, dass…?“) gewürzt mit Vorwürfen, Andere lieferten Gestaltungsvorschläge, Dritte wollten ihre Informationslücken schließen, Vierte die gegen sie erhobenen Vorwürfe „richtig stellen“, Fünfte… Irgendwann konnte oder wollte ich diesem Wirrwarr nicht mehr folgen. Offenbar sah der Diskussionsleiter seine Rolle darin, jeweils dem Nächsten das Rederecht zu erteilen und ansonsten auf Sortierungen zu verzichten. Schließlich wollte jemand einen konkreten Vorschlag abstimmen. Was dann auch erfolgte, zu erneuten Frustrationen und Verletzungen führte.

Ein „schöner“ Fall. Hier passierten gleich mehrere Dinge auf einmal…

  • Problemerkundung (Vergangenheit) und Lösungssuche (Zukunft) vermischen
  • Abstimmen ohne Selbstkontrolle, ob alle Argumente überhaupt betrachtet sind
  • Eine Entscheidung treffen, ohne vorab mehrere Optionen benannt und untersucht zu haben (Eine frühzeitige Abstimmung fördert die weit verbreitete Tendenz vieler Zeitgenossen, sich VOR der Diskussion auf eine Position festzulegen. – Ich frage mich dann immer, warum die Leute eigentlich diskutieren, wenn sie doch nicht ergebnisoffen sind. Dann können sie sich die Diskussionszeit einsparen.)
  • Eine Entscheidung treffen ohne deren Nebenwirkungen (Umsetzungsrisiken, neue Beziehungsbelastungen, zeitverzögert eintretende Wirkungen) zu erkunden.