Von agilen Organisationen und Hildegard

Führung

Von agilen Organisationen und Hildegard

Betrachten wir die folgende Konstellation: Eine Person (nennen wir sie Hildegard)

  • gehört zu einer Organisationseinheit A, hier verbringt sie den Großteil ihrer Arbeitszeit
  • und zeitgleich ist Hildegard Teil einer Arbeitsgruppe B, die z.B. in wöchentlichen Meetings für Klärungen und Abstimmungen zwischen mehreren Organisationseinheiten sorgt
  • und temporär ist Hildegard noch in einer Projektgruppe C aktiv, die eine Veränderung in der Organisation voranbringen soll.

In funktional ausgerichteten Organisationen – deren prägnantester Ausdruck das klassische Organigramm ist – erleben wir immer wieder, dass die Arbeit in B und C zu langsam vorankommt und wenig effektiv ist. Dies kann verschiedene Hintergründe haben, folgende haben wir des Öfteren angetroffen:

  • Hildegard hat das Denkmodell „Ich muss erst einmal meine eigentliche Arbeit (gemeint ist die in A) schaffen.“ Aus dieser Haltung heraus, sagt sie Meeting-Teilnahmen für B bzw. C kurzfristig ab, erscheint schlecht vorbereitet zu solchen Meetings oder liefert zugesagte Arbeitspakete gar nicht oder zumindest nicht rechtzeitig.
  • Die Führungskraft von A weist Hildegard an, ihren Zeiteinsatz für B und C zu reduzieren, weil diese auf die Zielerfüllung für die eigene Organisationseinheit fokussiert ist.
  • Hildegard verweigert oder meidet die Zusammenarbeit mit einer bestimmten Person innerhalb von B oder C – was Hildegard innerhalb von A gar nicht in den Sinn käme.

Viele Organisationen reagieren auf solche Situationen mit Appellen, sich doch bitte auch in den Themen von B und C angemessen zu engagieren. Mit Appellen ist das aber so eine Sache… meist verhallen sie wirkungslos.

Agil im Dilemma von Endweder-oder ?

Blicken wir auf diese Konstellation doch einmal durch die systemische Brille:
Wir sehen, dass Hildegard gleichzeitig zugehörig zu 3 Systemen ist und ein System davon (die Organisationseinheit A) den anderen beiden vorzieht. Diese Prioritätensetzung von Hildegard blendet jedoch die Frage, welche Themen (die in A, B oder C Behandelten) momentan für die Entwicklung oder auch die Existenz der Organisation am Wichtigsten sind, komplett aus.

Wie entsteht so etwas? Das ist die Macht des Organigramms. In diesem kommt A in wunderbarer Klarheit (und wir alle wollen Klarheit) vor, B und C sind dort gar nicht abgebildet. Hildegard hat in A eine Führungskraft, die Erwartungen an sie stellt, ihr Anweisungen gibt und für ihre Leistungsbeurteilung zuständig ist. Die Führungskraft der Organisationseinheit A ist verantwortlich für die Zielerfüllung von A und hat keinen direkten Bezug zu B und C. Insofern agiert sie nachvollziehbar. Damit wird ein Dilemma sichtbar. Es ist das Dilemma einer funktional ausgerichteten Organisation in einer komplexen Welt, das Dilemma von Entweder-oder und Prioritätensetzungen.

Sowohl-als-auch-Denken macht agil

Was wäre aus systemischer Sicht ein angemessener Weg für Hildegard?
Essentiell ist zunächst die Anerkennung ihrer gleichzeitigen Zugehörigkeit zu allen 3 Systemen A, B und C. Idealerweise sollte sich dies auch visuell manifestieren, was auf die Ersetzung des klassischen Organigramms in seiner heutigen Form hinausläuft. Damit kann sich das Entweder-oder in unserem Denken zu einem Sowohl-als-auch wandeln. Erst mit diesem Sowohl-als-auch in unserer Haltung sind neue Lösungen möglich und Hildegard kann mehr Verantwortung übernehmen. Dieses Umdenken verändert dann auch das Führen und Geführt-werden. Eine Organisation, die für dieses Sowohl-als-auch praktikable Lösungen findet, ist eine agile Organisation.

Unser Bezug zum Thema

Soweit also von agilen Organisationen und Hildegard. Im wahren Leben arbeiten wir nicht mit Hildegard, sondern mit echten Teams und Organisationen. Wir stehen als Teamcoach und Transformationsloste zur Verfügung.

30.09.2019

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